AusbildungBaris Abak ist neuer "Kümmerer" für Geflüchtete
Leben und lernen in Deutschland: Für junge Geflüchtete ist eine Ausbildung eine echte Chance, aber auch eine enorme Herausforderung. Über 440 Menschen aus 22 Ländern sind derzeit bei Handwerksbetrieben in der Region auf dem Weg in eine neue berufliche Zukunft. Seit April steht ihnen bei der Handwerkskammer Konstanz Baris Abak zur Seite. Er ist der neue „Kümmerer“, der Geflüchtete und Betriebe zusammenbringt und die neuen Auszubildenden beim Einstieg in den Beruf unterstützt – wo immer es notwendig ist. „Meist geht es um die Ausbildungsreife, um Sprachkurse und die Begleitung im Bewerbungsprozess. Ich habe aber auch schon mal eine Tagesmutter organisiert, weil ein Auszubildender mit Familie sonst nicht pünktlich am Berufsschulunterricht hätte teilnehmen können“, berichtet Abak von seinen ersten Einsätzen.
Schnittstelle zwischen Azubi und Betrieb
Der 42-Jährige weiß, wovon er spricht. Schließlich hat er selbst eine siebenjährige Tochter, und mit den Spielregeln der Ausbildung ist er als gelernter Stahl- und Betonbauer ebenfalls vertraut. Schon vor Jahren ist er aber in den sozialen Bereich gewechselt, hat Jugendliche bei der Berufsentscheidung begleitet, Migranten unterrichtet und junge Menschen von der Straße zurück in ein geregeltes Leben geholt. Dass der gebürtige Schwenniger selbst nicht aus einer urschwäbischen Familie kommt, sei dabei manchmal ein Türöffner gewesen: „Für die Jugendlichen war ich dadurch vielleicht ein Stück mehr auf Augenhöhe, das hat das Vertrauen gestärkt“, erzählt er.
Als Vertrauensmann und Brückenbauer sieht er sich auch bei seiner neuen Aufgabe: „Ich versuche, die Schnittstelle zwischen den Auszubildenden und den Betrieben zu bilden und möglichst viel gegenseitiges Verständnis zu vermitteln.“ Neben allen sprachlichen Barrieren oder Wissenslücken etwa in Sachen Sozial- und Wirtschaftskunde könnten interkulturelle Missverständnisse die Ausbildung nämlich deutlich erschweren: „Wenn sich beispielsweise die Chefin wundert, warum der Azubi bei ihr immer den Blick senkt, sollte sie wissen, dass das im arabischen Raum ein Ausdruck von Respekt gegenüber Frauen ist. Es bedeutet also nicht, dass er sie als Vorgesetzte nicht akzeptiert“, erklärt Baris Abak.
Passgenaue Vermittlung
Weltoffenheit – das sei auf Seiten der Betriebe eine wichtige Voraussetzung, um junge Menschen aus Syrien, Afghanistan oder Gambia gut ins Team integrieren zu können. Die Geflüchteten wiederum bräuchten einen starken Willen, um den Anforderungen in Berufsschule und Betrieb gewachsen zu sein. Mitbringen sollten sie nach Erfahrung des Experten Deutschkenntnisse auf B2-Niveau und möglichst auch schon einige Erfahrungen mit dem Alltag in Deutschland: „Sie sollten schon wissen, wie es hier läuft, damit sie sich dann auch wirklich ganz auf die Ausbildung konzentrieren können“, so sein Rat.
Um geeignete Bewerber zu finden, knüpft Baris Abak Kontakte zu Jobcentern und Landratsämtern, tauscht sich mit dem dichten Netzwerk der Unterstützer aus und trifft nach intensiven Gesprächen und einer Kompetenzanalyse eine Vorauswahl. „Die passgenaue Vermittlung in Praktika oder Ausbildung ist ein ganz wesentlicher Part. Sonst sind Enttäuschungen vorprogrammiert“, sagt er.
Beratung und Begleitung für alle Fälle
Jeweils ein halbes Jahr lang kann der „Kümmerer“ Auszubildenden und Betrieben beim Start dann zur Seite stehen. Sollte auch danach eine intensive Betreuung notwendig sein, könnten die Ausbildungsbegleiterinnen der Handwerkskammer übernehmen. Bei rechtlichen Fragen etwa zum Aufenthaltsstatus kommt Ines Rimmele, Flüchtlingsbeauftragte der Handwerkskammer Konstanz, zum Einsatz. „Zusammen sind wir gut aufgestellt“, freut sich Baris Abak. Das sei aber auch notwendig, schließlich steht für beide Seiten viel auf dem Spiel: „Für die Betriebe geht es um die Fachkräfte von morgen, für die Auszubildenden oft um die gesamte Zukunft in Deutschland.“
Integration durch Ausbildung
Der „Kümmerer“ für Geflüchtete, Zugewanderte und Handwerksbetriebe ist Teil des Projekts „Integration durch Ausbildung – Perspektiven für Zugewanderte“, das vom baden-württembergischen Wirtschaftsministerium gefördert wird. Der Schwerpunkt liegt in der Region Schwarzwald-Baar und Konstanz, Betriebe aus anderen Landkreisen können die kostenfreie Unterstützung aber ebenfalls in Anspruch nehmen.