Ein älterer Schreiner mit zwei jungen Kollegen, einer Frau und einem Mann, in einer Werkstatt.
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Familienunternehmen6 Tipps für eine konfliktfreie Übergabe

Die Übergabe eines Handwerksbetriebs innerhalb der Familie bietet die Möglichkeit, das Lebenswerk in der Familie zu halten und Traditionen fortzuführen. Doch gerade innerfamiliäre Übergaben bergen Konfliktpotenzial. Um den Betrieb erfolgreich an die nächste Generation zu übergeben, sollten einige zentrale Punkte berücksichtigt werden. Bettina Fechner, systemische Beraterin aus Engen, und Dr. Frank Oberzaucher, Soziologe und Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Konstanz, geben alltagspraktische Hinweise, worauf es dabei ankommt.

1. Frühzeitig planen

Eine frühzeitige Planung – idealerweise fünf bis zehn Jahre vor der Übergabe – ist essenziell, um genügend Zeit für die Nachfolgeregelung und die Vorbereitung aller Beteiligten zu haben. „Bei einer Betriebsübergabe geht es gefühlt immer um alles. Umso wichtiger ist es, dass das Thema frühzeitig angegangen wird“, sagt Frank Oberzaucher. Bettina Fechner ergänzt: „Mein Rat ist, grundlegendes Interesse bereits frühzeitig abzufragen – etwa das erste Mal, wenn der potenzielle Nachfolger oder die Nachfolgerin mit der Ausbildung beginnt. Auch sollte man transparent kommunizieren und Sorgen, Ängste sowie Erwartungen offen ansprechen. So lassen sich spätere Missverständnisse vermeiden.“

2. Emotionale Vorbereitung

Die Übergabe eines Familienbetriebs ist nicht nur eine geschäftliche, sondern auch eine emotionale Herausforderung. Eine gute Beziehung zwischen Übergebenden und Nachfolgenden bildet die Basis für eine konfliktfreie Übergabe. „Damit dieser Prozess möglichst reibungslos abläuft, sollten die Hauptpersonen in einer aktiven Beziehung zueinanderstehen, in der sie Erwartungen und Wünsche ehrlich kommunizieren können“, so Frank Oberzaucher. Beispielsweise könne eine gemeinsame Aktivität in der Natur wie ein Spaziergang helfen, ins Gespräch zu kommen.

Portrait von Bettina Fechner
privat
Bettina Fechner, systemische Beraterin aus Engen.

Bettina Fechner betont: „Es ist entscheidend, dass alle Beteiligten gewürdigt werden und jeder seinen Platz findet. Ein neutraler Vertrauensraum kann dabei helfen, Klarheit über die eigenen Wünsche und Ziele zu gewinnen.“ Dies könne ein Gespräch mit einer außenstehenden Person wie einem Freund, einem Coach oder einer Beraterin sein. „Hilfreich ist ein solcher Dialog auf jeden Fall für beide Seiten – Übergeber wie Übernehmer“, sagt Bettina Fechner.



3. Klar kommunizieren

Offene Gespräche über Erwartungen, Werte und Visionen sind unverzichtbar, um Missverständnisse zu vermeiden. Beide Generationen sollten ihre Vorstellungen äußern und Raum für die Ideen des anderen lassen. „Oft wirken sich unbewusste Schicksale und verdrängte Familienereignisse aus der Vergangenheit auf gegenwärtige Familienstrukturen aus“, betont Frank Oberzaucher. Diese Dynamiken können beispielsweise in Familien- oder Organisationsaufstellungen sichtbar gemacht und konstruktiv für das Familiensystem gewendet werden. Zur Unterstützung des Perspektivwechsels empfiehlt er noch, dass der Übergeber zum Beispiel von seinen eigenen Erfahrungen bei der Gründung oder Übernahme des Betriebs erzählt – etwa bei einem Rundgang durch den Betrieb. „Im Anschluss daran kann der potenzielle Nachfolger seine Ideen und vielleicht auch seine ganz neuen Vorstellungen teilen. Dieser Austausch schafft Verständnis und klärt oft unausgesprochene Erwartungen.“

Portrait von Frank Oberzaucher
Universität Konstanz
Dr. Frank Oberzaucher, Soziologe an der Universität Konstanz.



4. Konflikte lösen

Konflikte sind bei einer Betriebsübergabe nicht ungewöhnlich, können jedoch mit den richtigen Ansätzen in für alle Beteiligten gute Bahnen gelenkt werden. Bettina Fechner empfiehlt, den anderen zunächst einmal ausreden zu lassen – aktiv und respektvoll. Dabei gehe es nicht darum, sofort zu reagieren, sondern wirklich zu verstehen, was der andere denkt und fühlt.

In vielen Fällen reiche es, nur die direkt Betroffenen zusammenzubringen, um Konflikte zu klären. Für komplexere Situationen sei eine systemische Beratung sinnvoll, so Fechner. Diese betrachte nicht nur die einzelnen Personen, sondern auch deren soziales Umfeld, die Familiengeschichte und die betrieblichen Verflechtungen. „Sobald alle gesehen und gehört werden, entsteht oft eine innere Ruhe, die den Prozess erleichtert“, so die systemische Beraterin.

5. Rechtliche und steuerliche Aspekte beachten

Eine reibungslose Übergabe erfordert auch eine solide rechtliche und steuerliche Basis. Ein Steuerberater kann helfen, steuerliche Vorteile optimal zu nutzen und finanzielle Risiken zu minimieren. Ein Notar sorgt dafür, dass Verträge wie der Übertragungs- oder Schenkungsvertrag rechtssicher aufgesetzt werden.

6. Schulen und weiterbilden

Gerade im Handwerk ist es entscheidend, dass der Nachfolger sowohl fachlich als auch in Management- und Führungsqualitäten gut ausgebildet ist. „Manchmal ist es hilfreich, wenn die abgebende Generation noch eine Zeit lang beratend im Betrieb bleibt. So kann Wissen weitergegeben werden und die neue Generation gewinnt Sicherheit“, schlägt Bettina Fechner vor.

Unterstützung für die Betriebsübergabe

Sowohl Übergeber als auch Übernehmer können sich bei Interesse an systemischer Beratung oder Aufstellungsworkshops bei der Handwerkskammer Konstanz melden. In den systemischen Einzelberatungen oder halbtägigen Workshops können in einem geschützten Rahmen individuelle Lösungen für eine geordnete „Stabübergabe“ erarbeitet werden. 


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