Ein älterer Maler streicht eine Hausfassade, ein jüngerer schaut ihm über die Schulter.
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Konjunkturbericht 2. Quartal 2022Betriebe gehen mit Bedenken in den Herbst

Bereits die vergangenen Monate waren geprägt von enormen Preissteigerungen und Lieferengpässen, dennoch zeigte sich das Handwerk im Kammerbezirk Konstanz noch recht zuversichtlich. Doch in den vergangenen Wochen haben die Belastungen für die deutsche Wirtschaft weiter zugenommen. Erneute Preissteigerungen, Lieferprobleme und Materialmangel setzen den Betrieben zu und bremsen die Konjunktur insgesamt aus. Der Krieg in der Ukraine verstärkt die negative Entwicklung und sorgt auch in den Handwerksbetrieben, vor allem im Bau- und Ausbaubereich, für Unsicherheit. Auch der Dienstleistungssektor, allen voran die Friseure, blicken hinsichtlich der umzusetzenden Mindestlöhne eher skeptisch auf die nächsten Monate.

Die Preissprünge bei der Energie und die Versorgung mit Gas über die Wintermonate sind überdies beherrschende Themen, die nicht gerade zuversichtlich stimmen. Viele Betriebe hatten sich von den Auswirkungen der Pandemie noch immer nicht komplett erholt. Der Mangel an Fachkräften verschärft die Lage. Preis- und kostentreibend wirkt auch die Klimawende-Politik auf die Betriebe. Die Teuerung ist aktuell überall zu spüren.

 

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 Ausführlicher Konjunkturbericht
2. Quartal 2022

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 Das Handwerk in der Region

Erste negative Auswirkungen finden sich bereits bei Bauanträgen, die aufgrund stark gestiegener Baupreise zurückgegangen sind. „Damit droht dem Herzstück der stabilen Handwerkskonjunktur der letzten Jahre – dem Bausektor – ein Einbruch. Immerhin: Im Dienstleistungssektor hat sich die Wirtschaftslage nach dem Wegfall der Coronabeschränkungen wieder etwas erholt“, berichtet Werner Rottler, Präsident der Handwerkskammer Konstanz.

Und Hauptgeschäftsführer Georg Hiltner ergänzt: „Unsere Betriebe stehen vor Herausforderungen, wie wir sie bisher nicht kennen. Es gilt nun die Geschäftsmodelle anzupassen.“ Die Experten der Handwerkskammer stünden den Betrieben in dieser Hinsicht gerne zur Seite. Gleichzeitig müsse aber auch die Politik für Entlastungen in Handwerk und Mittelstand sorgen.

Gute Geschäftslage, trübe Aussichten

Das zweite Quartal 2022 brachte viele Handwerksbetrieben im Kammerbezirk eine gute Geschäftslage. Das geht aus dem aktuellen Konjunkturbericht zum zweiten Quartal hervor. 68,6 Prozent, und damit zwei Drittel der Befragten hatte die Geschäftslage mit „gut“ bewertet, weitere 28,1 Prozent mit „befriedigend“, und lediglich 3,3 Prozent mit „schlecht“. Damit sind die Handwerksbetriebe in diesem Jahr insgesamt zufriedener als noch im Vorjahr. Vor einem Jahr fanden 59,4 Prozent die Geschäftsentwicklung „gut“.

Sorgenvoll und eher pessimistisch blicken allerdings viele Betriebe des Kammerbezirks auf die weitere Entwicklung. Lediglich 9,5 Prozent rechnen noch mit einer Verbesserung der Geschäftslage im kommenden Quartal, im Vorjahresquartal waren es noch 20,3 Prozent. Indes rechnen 10,9 Prozent sogar mit einer Verschlechterung, im Vorjahresquartal waren dies lediglich 2,3 Prozent.  

Bezüglich der Auftragslage fallen die Aussagen für das zweite Quartal positiv aus. 43,6 Prozent der Befragten, das ist immerhin jeder Zweite, konnten ein Auftragsplus vermelden. Bei 19,2 Prozent der Befragten waren die Aufträge zurückgegangen. Dieser Anteil hat sich gegenüber dem Vorjahr erhöht (2021: 11,5 Prozent). Und auch für die kommenden Monate sind die Prognosen eher pessimistisch aus. So rechnen lediglich 14,4 Prozent der Befragten mit einer steigenden Auftragslage (2021: 29,3 Prozent). 28,7 Prozent der Befragten befürchten sogar einen Einbruch der Aufträge. Damit ist der Anteil der Pessimisten deutlich höher als im Vorjahr (2021 9,7 Prozent).

Auslastung positiv, aber steigende Einkaufspreise

Mit der Auslastung können die Betriebe in der Region zufrieden sein. Noch sind die Auftragsbücher gut gefüllt, bei 43 Prozent der Befragten sogar über zwölf Wochen hinaus. Nur wenige Betriebe meldeten einen niedrigen Auslastungs-grad von weniger als 60 Prozent.

Im Bauhauptgewerbe vermelden 27,8 Prozent der Betriebe, dass die Zahl der Aufträge im Vergleich zum Vorjahr sogar gestiegen ist. 94,4 Prozent sind mit der derzeitigen Geschäftslage zufrieden. Aber nicht nur die Aufträge, sondern auch die Einkaufspreise für Material sind massiv angestiegen. Das bestätigen 77,78 Prozent der Befragten im Bauhauptgewerbe, 50 Prozent befürchten, dass sie auch weiter steigen werden.

In der Kfz-Branche bezeichnen 35,7 Prozent der Betriebe die Lage als „gut“, der überwiegende Prozentsatz von 57,1 Prozent als „befriedigend“.  Auch hier haben die Preise deutlich angezogen, das sagen 64 Prozent, 54 Prozent befürchten, dass sie weiter steigen werden.

Damit Handwerksbetriebe die Preissteigerungen auffangen können, wurde in einem neuen Erlass die Nutzung einer Preisgleitklausel bei Bundes- und Landesausschreibungen ermöglicht.



Stimmen zur aktuellen Lage

Mark Gwinner
Gas- und Wasserinstallateurmeister, Rottweil

„Ich bin etwas kritisch im Moment, weil ich sehe, dass die Preise durch die Decke gehen, sei es bei den Stundenverrechnungssätzen oder dem Material. Ich denke, dass wir in eine ganz kritische Phase hineinrutschen, in der zum einen die Ware nicht mehr beschafft, und zum anderen irgendwann auch nicht mehr bezahlt werden kann. Das ist sehr schwierig. Im Moment haben wir volle Auftragsbücher, die wir abarbeiten, aber ich bin mir sicher, dass unsere Branche Mitte nächsten Jahres etwas weniger zu tun hat. Bei uns im Betrieb ist das vermutlich nicht ganz so, da wir sehr Service ausgerichtet sind und nicht den Neubaumarkt oder Großbaustellenmarkt bedienen. Aber die Lage ist durchaus angespannt. Wir müssen uns auf schwierigere Zeiten einstellen und die eine oder andere Überlegung zu Einsparungen anstellen, um der Entwicklung entgegenzuwirken“.

Portrait von Mark Gwinner, Gas- und Wasserinstallateurmeister, Rottweil
Mark Gwinner



Portrait von Michael Kurtzrock, Malermeister, Rottweil
Michael Kurtzrock

Michael Kurtzrock
Malermeister, Rottweil

„Bei uns sind es weniger die Lieferengpässe, sondern vielmehr der Personalmangel, der uns zusetzt. Auszubildende gibt es nahezu keine, und Fachpersonal suchen wir seit gut eineinhalb Jahren – aber ohne Erfolg. Hinzu kommt, dass andere Betriebe versuchen, Mitarbeiter abzuwerben. Die Auftragsbücher sind voll bis Mitte nächsten Jahres. Das ist zum einen sehr gut, heißt aber auch, dass die Kundschaft sehr lange warten muss. Wie das allerdings bei der derzeitigen Zinsentwicklung bezüglich Baumaßnahmen weitergeht, das bleibt spannend.

Die Facharbeitersituation indes ist wirklich eklatant und meine Prognose ist eher schlecht. Die meisten wollen heute studieren, Interesse am Handwerk zeigen nur wenige. Und wenn, dann gehen sie nach der Ausbildung studieren, oder in die Industrie. So haben wir schon einige Leute verloren. Das ist bedauerlich.