Corona-KriseGut vorbereitet zurück ins Geschäft
Die Landesregierung hat am 29. April 2020 die Richtlinien für Friseurbetriebe erlassen. Damit ist es nun amtlich: Ab 4. Mai haben die Friseursalons in Baden-Württemberg nach einer Corona-Zwangspause wieder für ihre Kunden geöffnet.
„Das war eine harte Zeit, aber jetzt wollen wir endlich wieder loslegen. Die Terminbücher sind voll“, berichtet Martin Jetter, Obermeister der Friseurinnung und Vorstandsmitglied im Fachverband Friseure und Kosmetik Baden-Württemberg. Die zurückliegenden Wochen, in denen auch der eigene Salon geschlossen war, hat Jetter damit verbracht, die Friseurkollegen mit den aktuellsten Corona-Informationen des Verbands zu versorgen und rund um die Uhr Fragen zu beantworten. „Jetzt geht es darum, dass wir zum Schutze aller die Hygienevorschriften genauestens beachten. Wir wollen ja nicht, dass sich das Virus wieder stärker verbreitet und wir den Salon in zwei Wochen wieder zumachen müssen“, sagt Jetter.
Wie er stehen über 1.000 Friseure im Bezirk der Handwerkskammer Konstanz in den Startlöchern. Die Kollegen Angelo Sciammacca aus Villingendorf, Tina Schellhammer und Stefania Ferraro aus Rielasingen-Worblingen und Marco Hofmann aus Donaueschingen haben die letzten Wochen gut genutzt und sich umfänglich auf die Wiedereröffnung vorbereitet.
Angelo Sciammacca
Friseursalon Angelo in Villingendorf und Rottweil
„Sechs Wochen – so einen langen Urlaub hatte ich noch nie“, kommentiert Angelo Sciammacca die Zeit während des Lockdowns augenzwinkernd. Als Inhaber von zwei Salons hat der Friseurmeister normalerweise täglich alle Hände voll zu tun. So konnte er der ungewohnt langen Auszeit durchaus ihre schönen Seiten abgewinnen: „Klar, körperlich war das wirklich entspannend“, sagt er, „eine einmalige Möglichkeit, komplett runterzufahren.“ Dennoch ging die lange Schließung nicht spurlos an dem Saloninhaber vorbei. Die privaten Rücklagen sind aufgebraucht, der Urlaub im Herbst wurde gestrichen. Umso mehr freut sich Angelo Sciammacca über die Soforthilfe, die bereits zehn Tage nach der Beantragung auf seinem Konto eingegangen war. „Als Betrieb mit zehn Mitarbeitern habe ich 15.000 Euro erhalten“, erzählt er. Mit dem Geld konnte er seine Ladenmieten begleichen und auch ein paar Gehälter zahlen. Länger als die sechs Wochen hätte der Unternehmer aber kaum schultern können. Zwar hätten ihm die Banken bereits Hilfe mit Krediten angeboten, „aber dieses Geld muss man ja auch irgendwann zurückzahlen“, so Sciammacca. Deswegen lag sein Fokus in den vergangenen Tagen ausschließlich auf der Vorbereitung der Wiederöffnung: Er orderte 50 Liter Desinfektionsmittel, das er auch an Kollegen abgibt, bestellte hunderte Mundschutze für Mitarbeiter und Kunden und hing stundenlang am Telefon. So hatte Angelo Sciammacca bereits zehn Tage vor der Öffnung seiner Salons dafür gesorgt, dass die ersten beiden Wochen voll von Kundenterminen sind. „Die Kunden haben auf uns gewartet“, freut er sich, „das motiviert das ganze Team.“
Tina Schellhammer und Stefania Ferraro
Salon Hairflair in Rielasingen-Worblingen
Die beiden Geschäftsführerinnen des Salons Hairflair sind glücklich, die sechswöchige Schließung hinter sich zu haben. „Das war eine totale Ausnahmesituation,“ erzählt Tina Schellhammer, „wir haben ganz viel gegrübelt und gleichzeitig immer versucht, vorbereitet zu sein.“ Die viele Freizeit habe sie kaum genießen können. „Wir wollten ja für unsere Kunden erreichbar bleiben“, so Schellhammer. Und auch für den Auszubildenden des Salons mussten die Friseurmeisterinnen weiterhin verfügbar sein. In Videokonferenzen beantworteten sie seine Fragen zu Theorie und Praxis, und erläuterten ihm, wie er die Übungen an seinem Dauerwellkopf zuhause korrekt ausführen kann.
In den beiden Wochen vor der Öffnung legten die beiden Geschäftsführerinnen dann los: Weil ihr Salon nur 70 Quadratmeter misst, musste ein neues Schichtsystem entwickelt werden, um den Kundenverkehr zu entzerren. Das bedeutet, die Arbeitszeiten wurden ausgeweitet und die Schließtage reduziert. Gleichzeitig galt es, die Ängste von Mitarbeitern gegenüber möglicher Infektionen am Arbeitsplatz ernst zu nehmen und Lösungen zu finden. „Teilweise hat uns wirklich der Kopf geraucht“, sagt Stefania Ferraro, „aber wir haben versucht, immer möglichst cool zu bleiben und nicht zu jammern. Denn diese Situation betrifft uns alle.“ Besonders hart trifft den Salon Hairflair jedoch die Schließung der Schweizer Grenze. Rund 40 Prozent der Kunden kommen normalerweise aus dem Nachbarland. Umso mehr gelte es laut Schellhammer jetzt, trotz der Auflagen im Geschäft zu bleiben. Und diese verlangen den beiden Inhaberinnen und ihren Kunden einiges ab: So finden beispielsweise nur noch vier Kunden gleichzeitig Platz im Salon – statt zuvor acht. Das bedeutet auch weniger Flexibilität bei der Vereinbarung von Kundenterminen. „Wir versuchen natürlich trotzdem, jedem Kunden gerecht zu werden“, sagt Stefania Ferraro, „und ein möglichst angenehmes Ambiente zu schaffen – vorerst eben ohne Getränke und Zeitschriften.“
Marco Hofmann
Marco Giammarino Hairstyle in Donaueschingen
Wie sehr er seinen Beruf liebt, das wurde Friseurmeister Marco Hofmann in den vergangenen Wochen zum ersten Mal so richtig bewusst: „Mir hat meine Arbeit und der persönliche Kontakt zu meinen Kunden während des Lockdowns total gefehlt“, sagt er. Um die finanzielle Situation abzufedern und auf andere Gedanken zu kommen, hatte er im April vier Wochen lang, acht Stunden am Tag, im Lager einer Fabrik gearbeitet. Den Job hatte ihm einer seiner Kunden verschafft, dem die Fabrik gehört. So sehr Marco Hofmann sich über diese Arbeit freute, wünschte er doch nichts sehnlicher herbei als den Tag, an dem er seinen Salon wieder für Kundschaft öffnen darf. Seine sieben Mitarbeiter musste er in Kurzarbeit schicken, die drei Lehrlinge versorgte er mit Büchern, damit sie zuhause ihr Theorie-Wissen vertiefen konnten. Dank der Soforthilfe, die der Friseurmeister in Höhe von 15.000 Euro erhalten hatte, war die Situation finanziell kein Problem. Aber als er in den Nachrichten von der Wiederöffnung hörte, war die Freude riesig. Das folgende Wochenende telefonierte er bis zu neun Stunden am Tag seine Kunden ab und füllte den Terminkalender. „Dieser Telefonmarathon war heftig, aber es war sehr schön zu hören, wie nicht nur ich mich auf die Öffnung freue, sondern auch meine Kunden“, so Marco Hofmann. In den Tagen vor der Öffnung brachte er eine Schutzwand an der Theke an, trennte seine Waschbecken mit Scheiben aus Plexiglas und bestellte Schutzmasken für Kunden und Mitarbeiter. Er hofft, dass er mit diesen Vorkehrungen eine ähnliche Auslastung wie vor dem Lockdown erzielen kann.
Im Kammerbezirk der Handwerkskammer Konstanz gibt es 1070 eingetragene Friseure, 843 von ihnen haben in den vergangenen Wochen einen Antrag auf Soforthilfe gestellt. Rechtliche Informationen zur Wiedereröffnung von Friseurbetrieben finden Sie hier.