Vier indonesische Auszubildende mit ihrer Ausbilderin hinter der Theke einer Metzgerei.
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Die indonesischen Auszubildenden Rizki Maulana, Agil Prastiyo, Erni Wulandari und Fitri Sugiarti (von links) sind durch ihre freundliche Art ein echter Gewinn hinter der Verkaufstheke der Metzgerei Haller in Schwenningen, wie Juniorchefin Stefanie Leibinger (rechts) betont.

FachkräftesicherungIndonesier bereichern das Handwerk

Die Straßenbau Walter KG in Trossingen, der Malerbetrieb Feyer.Art in Fischbach und die Metzgerei Haller in Schwenningen – auf den ersten Blick haben diese Betriebe wenig gemeinsam. Doch eines eint die drei Handwerksunternehmen: Sie alle haben sich entschieden, junge Menschen aus Indonesien auszubilden. Möglich macht dies ein Projekt der Wirtschaftsförderung Schwarzwald-Baar-Heuberg, das darauf abzielt, dem Fachkräftemangel in der Region entgegenzuwirken.

Bei einem Besuch von Handwerkskammerpräsident Werner Rottler und Kammer-Hauptgeschäftsführer Georg Hiltner wurde deutlich: Die Handwerksbetriebe sind begeistert von ihren neuen Auszubildenden, wissen aber auch, welche Verantwortung sie tragen. Denn die jungen Indonesier zu guten Fachkräften auszubilden, allein reicht nicht aus – es geht auch darum, ihnen eine neue Heimat zu geben.

Ohne Unterstützung durch das Förderprojekt der regionalen Wirtschaftsförderung, das Engagement der indonesischen Projektleiterin Dr. Nurul Aini sowie Baris Abak, der über das Kümmererprojekt des Wirtschaftsministeriums für die Handwerkskammer tätig ist, wäre vieles deutlich schwieriger. Beide begleiteten die Kammerspitze bei ihren Betriebsbesuchen.

Kulturelle Unterschiede und sprachliche Herausforderungen

Im bevölkerungsreichen Indonesien sind die beruflichen Chancen für junge Menschen beschränkt. Ridho Nugroho ist einer von vielen, die ihr Glück daher in einer Ausbildung in Deutschland gesucht haben. Beim 15 Mitarbeiter starken Betrieb Feyer.Art in Fischbach wird der Indonesier, der von der deutschen Architektur fasziniert ist, derzeit als Maler- und Lackierer ausgebildet und hat auch schon Staplerfahren gelernt.

Ridho ist hochmotiviert und hat in Sören, Ausbildungsbotschafter und Maler-Azubi im dritten Lehrjahr, einen wichtigen Begleiter gefunden. Dennoch ist der Alltag fern der Heimat herausfordernd. Da sind zum einen die frostigen Temperaturen, zum anderen die Sprache und eine andere Kommunikationskultur.

„Ridho hat sich vor lauter Respekt anfangs nicht getraut, nachzufragen, wenn etwas unklar war“, erzählt Simone Feyer, zuständig für die Ausbildung im Betrieb. Mit einer Fachbegriffe-App, einem wöchentlichen Sprachkurs und der Unterstützung von Projektleiterin Dr. Nurul Aini lassen sich aber auch diese Hürden nehmen. Firmenchef Gerhard Feyer, dem die Ausbildung im Betrieb ein wichtiges Anliegen ist, ist dankbar über das Projekt. „Ridho hat eine hohe Sozialkompetenz und ist ein echter Zugewinn in unserem Multi-Kulti-Team“, betont er.



Gruppenbild mit indonesischem Auszubildenden und Ausbilder.
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Ridho Nugroho (2. von links) mit Azubi Sören (2. von rechts), Ausbilderin Simone Feyer und Firmenchef Gerhard Feyer.

Gruppenbild mit indonesischer Auszubildender in der Lehrwerkstätte von Walter Straßenbau.
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Wenn Zeit ist, üben die Azubis in der Lehrwerkstätte der Firma Walter Straßenbau verschiedene Pflasterarten. Im Bild (von links) Dr. Nurul Aini, Projektleiterin bei der Wirtschaftsförderung SBH, Kümmerer Baris Abak, Juniorchefin Sonja Walter sowie Kammer-Hauptgeschäftsführer Georg Hiltner und Kammerpräsident Werner Rottler.



Mehr als nur ein Arbeitsplatz

Auch in der Metzgerei Haller in Schwenningen zeigt sich, dass Ausbildung mehr bedeutet als bloßes Lernen. Die vier indonesischen Auszubildenden Agil Prastiyo, Fitri Sugiarti, Rizki Maulana und Erni Wulandari haben nicht nur die Herausforderung gemeistert, mit den deutschen Kunden zu kommunizieren, sondern sich auch schnell eingelebt. Ihre Herzlichkeit hinter der Verkaufstheke, ihr Lächeln und ihr höflicher Umgang kommen bei der Kundschaft gut an.

„Da könnten sich einige deutsche Azubis eine Scheibe abschneiden“, erzählt Stefanie Leibinger, Tochter des Inhabers und Metzgermeisters Werner Schmidt, die glücklich über das Projekt der Wirtschaftsförderung ist. „Wir finden kaum Fachkräfte und haben schon Tausende von Euro für Nachwuchswerbung ausgegeben – ohne Erfolg“, so die Juniorchefin. Wegen des Fachkräftemangels musste zum Jahresende bereits die Filiale in Villingen geschlossen werden.

Bei aller Freude über die Unterstützung aus Indonesien weiß sie aber auch, dass der Betrieb eine große Verantwortung trägt: „Man muss aufpassen, dass die jungen Menschen wegen ihrer Freundlichkeit nicht ausgenutzt werden.“ Auch ganz praktische Dinge galt es anfangs gemeinsam zu regeln: ein Bankkonto eröffnen, Fahrkarten für die öffentliche Verkehrsmittel besorgen, eine Wohnung einrichten.

Inzwischen sind die vier gut angekommen. Sie verbringen ihre Freizeit oft gemeinsam, lernen oder nehmen an den monatlichen Angeboten des Welcome Centers teil.  Ihre Zukunft sehen sie langfristig in Deutschland: Agil kann sich ein Studium im Lebensmittelbereich vorstellen, während die anderen ihre Karriere in der Metzgerei sehen. Regelmäßige Videoanrufe mit der Familie helfen, das Heimweh zu lindern.

Kontakte vor Ort helfen bei Integration

Vieles organisieren musste zunächst auch Sonja Walter von der Walter Straßenbau KG in Trossingen bei der Ankunft der neuen indonesischen Auszubildenden Daniel Sibalu Setioso und Taufik Yakaria.  Sie half unter anderem bei der Wohnungssuche und sorgte gemeinsam mit der Belegschaft für eine Grundausstattung. „Wenn man sieht, wie die beiden von so weit her zu uns gekommen sind, ein Leben in drei Koffern – da habe ich schon Muttergefühle entwickelt“, blickt sie zurück.

Im 140 Mann starken Betrieb lernen die beiden viel von den Lehrlingen und haben in der betriebseigenen Lehrwerkstatt bereits gemeinsam ein Rondell gepflastert. „Sie arbeiten sehr motiviert, sind sehr höflich, tun sich aber noch schwer mit der Sprache. In der Berufsschule ist Mathe kein Problem, aber Deutsch und Wirtschaft sind für sie herausfordernd“, erzählt Walter.

Kümmerer Baris Abak verweist auf die kostenlose Landesförderung der assistierten Ausbildung für die beiden. Mittelfristig könnte auch die Handwerkskammer in ihren Bildungsakademien Sprachförderkurse anbieten, ergänzt Hauptgeschäftsführer Georg Hiltner.

Doch die Sprache lernt sich am besten durch den Kontakt vor Ort, sind sich alle einig. „Es wäre großartig, wenn die jungen Indonesier auch in Vereinen oder der Freiwilligen Feuerwehr Anschluss finden könnten. Das würde die Integration enorm erleichtern“, betont Kammerpräsident Werner Rottler.

Das Projekt zeigt, dass es Lösungen zur Fachkräftesicherung gibt, sie aber großes Engagement erfordern. „Fachkräfte aus dem Ausland zu fördern, bedeutet nicht nur, sie auszubilden, sondern sie auch in das soziale Umfeld einzubinden und längerfristig zu unterstützen“, fasst Kammerpräsident Rottler seine Einblicke zusammen.




Kontakt bei der Handwerkskammer

Baris Abak

Recht und Bildung

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Tel. 07721 9988 17

Mobil 0151 74240733

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