Experte Joachim Vojta gibt TippsLieferengpässe und Preisanstiege bei Rohstoffen
Christoph Vayhinger ist besorgt. Der Geschäftsführer der Konstanzer Zimmerei Weber ist schon seit 28 Jahren im Betrieb, aber eine solche Preissteigerung beim Baustoff Holz hat er noch nie erlebt. Die Preise für Dachlatten, „ein Produkt, das nicht viel können muss“, sind um über 80 Prozent gestiegen, für OSB-Platten zahlt er gut ein Drittel mehr als sonst. „Die Entwicklung ist einfach katastrophal. Holz hat lange Zeit kaum eine Teuerung erlebt, und jetzt so etwas. Aber viel dramatischer ist, dass wir als Handwerker an manches Material gar nicht mehr herankommen. Da steht in der Auftragsbestätigung vom Lieferanten einfach eine Null beim Liefertermin und eine Null beim Preis“, berichtet er.
Die Gründe für die Engpässe sind vielschichtig und reichen von einem erhöhten Bedarf von Holz in Asien und den USA bis hin zu „selbstgemachten“ Fehlern der Produzenten, die die Wirtschaftslage im Coronajahr 2020 falsch eingeschätzt und die Produktion deutlich heruntergefahren haben (die DHZ berichtete). Dabei ist aktuell nicht nur Holz ein gefragtes Gut. Auch andere Rohstoffe wie Kunststoffe, Stahl, Gips oder Beton sind schwer zu bekommen und wenn, dann zu horrenden Preisen.
Kostendeckend und termingerecht zu arbeiten wird für Vayhinger und andere Bau- und Ausbauhandwerker zu einer immer größeren Herausforderung. Der Zimmerermeister setzt daher von vorneherein auf Transparenz beim Kunden. „Ich lege die Fakten auf den Tisch und erkläre, dass das Material eben teurer geworden ist, ich gerne die Einkaufsrechnung zeigen kann und die Kunden mit Mehrkosten rechnen müssen“, erzählt er. Ideal sei das natürlich nicht, räumt er ein.
Wie Vayhinger sind viele Mitgliedsbetriebe aufgrund der angespannten Rohstoffsituation unzufrieden, teilweise auch verunsichert. Einige wenden sich mit ihren Fragen hilfesuchend an Joachim Vojta, Rechtsberater und Bau-Experte bei der Handwerkskammer Konstanz. „Die meisten Anrufer aus dem Bau- und Ausbaubereich wollen wissen, wie sie Verträge sicher gestalten oder bereits abgeschlossene Verträge nachjustieren können“, berichtet Vojta.
Grundsätzlich trage der Auftragnehmer das Risiko einer Änderung der Preisermittlungsgrundlagen in der Zeit zwischen Angebotsabgabe und Vertragsschluss sowie zwischen Vertragsschluss und Arbeitsausführung. Kommt es aber zu außergewöhnlichen, nicht vorhersehbare Preissteigerungen, werde das Risiko rechtlich anders betrachtet. In der aktuellen Situation sei das Interpretationssache. „Die fairste Lösung ist aus meiner Sicht, wenn man die Preissteigerung durch eine nachträgliche Vereinbarung auf beide Seiten gleichmäßig verteilt“, so Vojta.
Empfehlungen zur Vertragsgestaltung
Für die Vertragsgestaltung gibt Joachim Vojta gerne Empfehlungen, weist jedoch darauf hin, dass es hierbei rechtliche Grauzonen gibt.
Bitte beachten Sie: Diese Tipps gehen zurück auf einen Erlass des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen vom 21. Mai 2021 zu Materialengpässen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Dieser Erlass ist mittlerweile außer Kraft getreten. Die Tipps gelten sinngemäß aber auch hinsichtlich des aktuellen Erlasses vom 22. Juni 2022 im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg.
1. Preisvorbehaltsklausel
Mit der Verwendung einer Preisvorbehaltsklausel kann eine nicht gewollte Bindung an Preise im Angebot vermieden werden. Es handelt sich damit um kein verbindliches Angebot; es ist lediglich ein Vorschlag für ein Angebot. Falls der Kunde ein solches Angebot annimmt, kommt kein Vertrag zustande, sondern er gibt selbst ein Angebot ab. Damit ein Vertrag zustande kommt, muss das Angebot des Kunden vorbehaltlos bestätigt werden. Der Vertrag kommt also erst zustande, wenn ein Angebot als verbindlich von beiden Seiten akzeptiert wird.
Formulierungshilfe:
Hinweis: Aufgrund der aktuellen Materialpreissteigerungen am Bau bitten wir um Verständnis dafür, dass wir Ihnen momentan kein verbindliches Vertragsangebot unterbreiten können. Die im nachfolgenden Angebot ausgewiesenen Preise sind frei und unverbindlich. Sollten Sie diesem Angebot zustimmen, so werden wir Ihnen zügig mitteilen, (bzw. innerhalb von 3 Tagen) ob wir das Angebot zu den angebotenen Preisen bestätigen können oder nicht Falls nicht, bemühen wir uns, Ihnen ein neues Angebot mit aktualisierten Vertragspreisen anzubieten. Wir bitten um Ihr Verständnis.
2. Befristung von Angeboten
Eine Alternative zu einer Preisvorbehaltsklausel wäre, Angebote mit kurzen Bindungsfristen zu versehen.
Formulierungshilfe:
Aufgrund der aktuellen Materialpreissteigerungen am Bau bitten wir um Verständnis dafür, dass wir die Geltungsdauer unseres Angebot bis zum Ablauf des ......... befristen müssen. Bitte informieren Sie uns, wenn Sie auch nach Ablauf dieser Frist Interesse an einer Vertragsdurchführung haben. Wir werden uns dann bemühen, Ihnen ein neues Angebot mit aktualisierten Vertragspreisen anzubieten.
3. Keine Vereinbarung von verbindlichen Vertrags- und Ausführungsfristen
Neben der Verteuerung von Materialpreisen kann es auch zu Lieferverzögerungen und Lieferausfällen kommen. Um in dieser Hinsicht eigene Nachteile abzuwenden, könnte eine entsprechende Klausel in die Angebotsunterlagen aufgenommen werden.
Formulierungshilfe:
Aufgrund der aktuellen Lieferprobleme bei Baumaterialien bitten wir um Verständnis, dass wir momentan keine verbindlichen Vertrags- und Ausführungsfristen benennen bzw. anerkennen können. Selbstverständlich bemühen wir uns um zügige, kontinuierliche und fristgerechte Arbeitsleistung, können dafür aber momentan keine Gewährleistung übernehmen. Die Geltendmachung von Ansprüchen wegen Leistungsverzugs ist bei nachgewiesenen Lieferverzögerungen ausgeschlossen. Entsprechendes gilt für die Vereinbarung von Vertragsstrafen wegen Leistungsverzugs, die wir momentan nicht anerkennen können. Sollten Lieferprobleme entstehen, werden wir Sie unverzüglich darüber informieren.
Bei Verwendung der oben genannten Klauseln sollte sichergestellt werden, dass der Bauherr diese auch im Voraus ausdrücklich schriftlich bestätigt.