BWHT-UmfrageNachhaltigkeit ist Teil der DNA im Handwerk
Dass das Handwerk nachhaltig arbeitet, klingt nach einer Binse. Klar: Nichts vergeuden und lieber reparieren statt wegwerfen steckt sozusagen in der DNA eines Handwerkers.
Gerade hat eine Umfrage des Baden-Württembergischen Handwerkstags bestätigt, welch hohen Stellenwert Betriebe sowohl der ökologischen als auch den sozialen und wirtschaftlichen Dimensionen von Nachhaltigkeit einräumen:
Fast neun von zehn Betrieben (88 Prozent) ist es wichtig, ressourcen- oder energieeffizient zu arbeiten. 82 Prozent der Betriebe finden es wichtig, gezielt Produkte/Dienstleistungen anzubieten, mit denen die Umwelt geschont wird (z.B. Energieeinsparung, Reparaturfreundlichkeit, Bevorzugung regionaler Lieferanten und Produkte).
Die Verwendung von erneuerbaren Energien, die Unterstützung von Klimaschutzprojekten und die Nutzung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben steht ebenfalls ganz oben auf der Prioritätenliste der Handwerksbetriebe.
Nicht nur ökologisch betrachtet kann das Handwerk mit dem Thema Nachhaltigkeit punkten. Laut Umfrage stehen auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gesundheitsfördernde Maßnahmen im Betrieb und ehrenamtliches Engagement im Verein oder in Verbänden beim Handwerk hoch im Kurs. Daneben tut sich das Handwerk bei der Beschäftigung und Ausbildung von Menschen mit einem besonderen Förderbedarf stark hervor.
Nachhaltigkeit als Argument in der Nachwuchswerbung
Nur wenige Betriebe allerdings werben bisher mit ihrem Engagement, wie Werner Rottler, Präsident der Handwerkskammer Konstanz, berichtet. Rottler ist Schornsteinfegermeister und somit schon von Berufswegen mit dem ökologischen Aspekt der Nachhaltigkeit bestens vertraut. „Im Gespräch mit Kollegen höre ich immer wieder: ‚Das ist doch selbstverständlich‘. Das ist es aber nicht. Ich finde, wir könnten beim Thema Nachhaltigkeit noch viel selbstbewusster auftreten.“
Denn angesagt ist Nachhaltigkeit nicht erst seit der Fridays-for-Future-Bewegung. Laut Shell-Jugendstudie ist den 12- bis 25-Jährigen der Schutz der Umwelt inzwischen sogar wichtiger als ein hoher Lebensstandard. „Damit bietet das Thema Nachhaltigkeit einen perfekten Anknüpfungspunkt, um Jugendliche für das Handwerk zu begeistern und für Nachhaltigkeitsaspekte in den jeweiligen Berufen zu sensibilisieren“, sagt Maria Grundler, Berufsorientierungs-Expertin bei der Handwerkskammer Konstanz.
Beispiele aus der Praxis
Wie das in der Praxis funktioniert, zeigt Thomas Dietenmeier, Geschäftsführer der Konstanzer Dietenmeier und Harsch Haustechnik GmbH.
Als Bildungspartner der örtlichen Gemeinschaftsschule hat sein Unternehmen nicht nur die Anschaffung eines Elektro-Transportfahrrades ermöglicht, sondern ein langfristiges Projekt zur CO2-Reduktion in Schule und Betrieb gestartet. „Damit knüpfen wir an genau das Thema an, das Jugendliche interessiert, und zeigen, dass wir die Spezialisten dafür sind“, sagt er. Dieser Einsatz trägt Früchte: Bei Dietenmeier und Harsch sind auch in diesem Jahr alle vier Ausbildungsplätze zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik schon lange vergeben.
Auch die Holzmanufaktur Rottweil hat beim Thema Nachhaltigkeit einiges zu bieten, wie Adelina Bytyci-Dodolli, Prokuristin und Personalverantwortliche berichtet. Die Schreinerei hat sich auf die Restaurierung von historischer Gebäudeausstattung spezialisiert. Hunderte Jahre alte Fenster, Türen und Böden werden hier instandgesetzt, oft noch mit dem Hobel in der Hand. „Wir arbeiten, wo immer es geht, mit den vorhandenen Materialien und verwenden traditionelle Techniken. Das begeistert viele“, erklärt Bytyci-Dodolli.
Um diese Begeisterung zu wecken, lädt sie bereits Drittklässler in die Werkstätten ein und bietet älteren Schülerinnen und Schülern Praktika an. Dabei mache sich in den letzten Jahren ein Bewusstseinswandel bemerkbar: „Wir sehen, dass schon in der Schule sehr viel mehr Wert auf Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung gelegt wird. Wenn es uns weiter gelingt, dieses Interesse auf die Berufswahl zu übertragen, müssen wir uns vor Nachwuchsmangel nicht fürchten.“