Schreinerin Franziska Stalke bei der Arbeit an der Werkbank.
Franziska Stalke

AusbildungVom Hörsaal in die Werkstatt

Franziska Stalke steht vor ihrer Werkbank und lächelt zufrieden. In diesem Jahr hat die 25-Jährige ihre Gesellenprüfung als Schreinerin erfolgreich abgelegt. Noch vor wenigen Jahren hätte sie sich diesen Moment nicht vorstellen können. Damals saß sie frustriert im Hörsaal, gefangen in einem Studium, das ihr keine Freude bereitete. Doch heute weiß sie: Die Entscheidung, das Studium abzubrechen und eine handwerkliche Ausbildung zu beginnen, war die beste ihres Lebens.

Der steinige Weg zum Neustart

Franziskas Weg ins Handwerk war alles andere als geradlinig. Nach dem Abitur in Villingen war sie unsicher, wie es weitergehen sollte. Ein Jahr lang arbeitete sie bei der Deutschen Post, doch dann kam der Druck aus dem Umfeld: „Du hast Abitur, also musst du studieren.“ Ohne klare Vorstellung schrieb sie sich im Juni 2019 für ein Medizintechnik-Studium in Nürnberg ein. „Das war eine echte Vollkatastrophe“, resümiert sie heute. Der Studiengang war ihr zu technisch, und die Motivation fehlte von Anfang an. Als dann auch noch die Corona-Pandemie ausbrach und das soziale Leben zum Erliegen kam, fiel Franziska in ein tiefes Loch. Drei Semester hielt sie durch, doch am Ende zog sie die Reißleine – ohne Plan B.

In dieser Zeit erinnerte sie sich an ihre Kindheit, an die Stunden in der Werkstatt ihres Großvaters, wo sie gemeinsam mit ihm allerlei Dinge baute. Die Idee, eine handwerkliche Ausbildung zu beginnen, keimte auf. Ein Schnupperpraktikum in der Schreinerei Mayle in Bad Dürrheim gab ihr den letzten Schubs.

Handwerk als erfüllende Alternative

Das Praktikum war ein Volltreffer. „Ich hatte richtig Lust, und mir war schnell klar, dass ich von meinem Meister brutal viel lernen kann“, erinnert sich Franziska an den Anfang ihres Neustarts im Handwerk. Anders als im Studium fand sie in der Ausbildung ein unterstützendes Umfeld. Die praktischen Aufgaben im Betrieb machten ihr Spaß, sie fühlte sich an die Hand genommen und eingebunden. „Der schulische Teil war für mich eher wie Urlaub. Das Pensum war geringer, die Aufgaben einfacher“, erzählt die Abiturientin. Die Möglichkeit, ihre Lehrzeit zu verkürzen, nutzte sie nicht. „Ich wollte so viel Praxiserfahrung wie möglich sammeln.“

Heute ist Franziska glücklich mit ihrer Entscheidung. „Ich fühle mich hier jeden Tag neu gefordert. Der Beruf ist unglaublich abwechslungsreich. Und es ist schön, am Ende zu sehen, was man mit den eigenen Händen geschaffen hat“, erzählt sie strahlend. Deutliche Kritik äußert sie im Nachhinein an der Berufsorientierung während der Schulzeit. „Es gab keinerlei Infos zu Ausbildungsberufen. Wir haben nur Hochschulen angeschaut, und ein einziges Praktikum in der zehnten Klasse reicht einfach nicht aus, um zu wissen, was man mal machen will“, bemängelt sie.

Doch nun blickt die Schreinergesellin nach vorne: „Vor meinem 30. Geburtstag will ich den Meister machen. Für eine Selbständigkeit bin ich nicht der Typ, aber ich werde mich sicher ständig weiterbilden und spezialisieren.“

Studienabbruch als Chance

Franziska Stalkes Werdegang ist kein Einzelfall. Laut Erhebung des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung aus dem Jahr 2022 bricht in Deutschland fast jeder dritte Studierende sein Studium ab, in den technischen und naturwissenschaftlichen Studiengängen ist dieser Anteil sogar noch größer. Die Gründe dafür sind vielfältig: Überforderung, falsche Erwartungen, fehlende Motivation oder schlichtweg das Gefühl, den falschen Weg eingeschlagen zu haben. Doch ein Studienabbruch muss kein Scheitern sein – er kann auch die Chance für einen erfolgreichen Neustart bieten, wie das Beispiel von Franziska Stalke zeigt. Das Handwerk bietet dabei attraktive Alternativen zum akademischen Weg. In vielen Berufen herrscht Fachkräftemangel, und die Karrieremöglichkeiten sind vielfältig. Abiturienten können zudem eine Lehrzeitverkürzung beantragen.