Energiewende in Ausbildung und Politik"Keinen blinden Aktionismus betreiben"
Wärmepumpe, smarte Heizung und Co.: Die Energiewende ist nicht erst seit der Ukrainekrise in aller Munde. Die Abkehr von fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren Quellen wirkt sich direkt auf das Berufsprofil vieler Handwerksausbildungen aus.
Dominik Anthöfer, Ausbilder für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik an der Bildungsakademie Singen, passt seinen Unterricht permanent an die sich wandelnden Anforderungen an: „Ich versuche, die aktuellen Themen verstärkt anzusprechen. Der derzeitig gültige Lehrplan stammt aber aus dem Jahr 2003, ich muss also immer einen Kompromiss finden zwischen Lehrplan und der Realität, das ist nicht einfach.“
Ausbilder seit 2015
Seit seiner Übernahme der SHK-Ausbildung an der Bildungsakademie Singen im Jahr 2015 hat sich viel geändert. Zwar war der Trend zur Digitalisierung und regenerativen Energien, laut dem Dozenten, schon damals zu erkennen, doch die Entwicklung sei gemächlich gewesen.
In der aktuellen Lage sieht Anthöfer vor allem die Politik in der Pflicht: „Der Trend geht klar zu klimaneutralen Energieträgern, sei es Strom aus Wasserkraft oder Photovoltaik, Biogas, Wasserstoff, Erdwärme oder Solarthermie. Die Kunden sind offen dafür. Ein wichtiger Faktor wird sein, durchdachte Lösungen durch die Politik mit passgenauen Förderprogrammen auszustatten und keinen blinden Aktionismus zu betreiben.“
Handwerker als „Universalgelehrter“
Der Anspruch an die neuen Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik ist gestiegen. „Der perfekte Anlagenmechaniker ist der ‚Universalgelehrte‘ im Handwerk, er ist Mechaniker, hat Wissen aus den Bereichen Physik, Chemie und Mikrobiologie, Thermo- und Hydrodynamik. Er kennt die Eigenschaften und Verarbeitungsverfahren von unterschiedlichsten Metallen, Kunststoffen, Holz und Keramik. Außerdem sind umfassende Kenntnisse aus der Elektrotechnik, Schallschutz und Brandschutz vorhanden“, beschreibt Anthöfer das Berufsprofil.
Doch nicht nur das SHK-Handwerk befindet sich im Wandel. Auch für Anthöfers Kollegen im Elektrohandwerk und im Kfz-Bereich hat sich einiges geändert: „Alle technologiestarken Gewerke sitzen hier in einem Boot. Das Problem, mit der Industrie Schritt zu halten und allen Forderungen des Gesetzgebers gerecht zu werden, ist allgegenwärtig und der Bedarf an Personal mit hoher Qualifikation steigt beständig.“
Firmen passen Leistungsportfolios an
Über die Schnittstellen zwischen den Gewerken tausche man sich aus, eine verstärkte Zusammenarbeit der Berufe gäbe es durch die Energiewende punktuell. Dafür passen die Firmen, laut Anthöfer, derzeit ihre Leistungsportfolios an.
„Welcher Energieträger sich am Ende durchsetzt, wagt noch keiner zu sagen. Ich vermute, es wird bei einem Mix bleiben, in dem auch die Klassiker Öl und Erdgas noch länger eine Rolle spielen werden, als die Politik es gerne hätte. Wärmepumpen, Klimaanlagen und kontrollierte Wohnraumlüftung werden weiter Fahrt aufnehmen. Für das SHK-Gewerk wird damit das Thema ‚Kältetechnik‘ in der Aus- und Weiterbildung wichtiger werden“, gibt Anthöfer einen Ausblick.