Steuer-Experte Guido Badjura informiert über digitale Buchführung, digitale Archivierung und die eRechnungVorteile und Risiken des papierlosen Büros
Das papierlose Büro – ein Traum für viele Unternehmer. Denn allzu oft sorgt die Ablage von Rechnungen und Belegen auf Papier noch für großen Zeitaufwand und Ärger bei der Büroarbeit. Dabei sind elektronische Rechnungen bei Geschäften mit dem Bund in Österreich seit 2014 Pflicht und seit 2016 auch in der Schweiz. „Die Zukunft ist digital“, betonte Guido Badjura von der Datev eG bei einer Veranstaltung der Handwerkskammer Konstanz. Vor rund 60 Gästen aus dem Handwerk erläuterte er, welche Vorteile die Digitalisierung betrieblicher Prozesse bietet.
So seien neben der steigenden Produktivität durch den Wegfall sich häufig wiederholender Arbeiten auch sinkende Kosten und kürzere Reaktionszeiten auf Lieferanten- und Kundenanfragen zu nennen.
Die eRechnung
Ein Schwerpunkt digitaler Rechnungsprozesse ist der elektronische Rechnungsaustausch. Gemäß des Umsatzsteuergesetzes wird eine eRechnung als Rechnung definiert, „die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.“ Die Übermittlung kann per E-Mail als Bild- oder Textdatei erfolgen, oder über einen Webdownload. Allerdings sollten Unternehmer ihre Geschäftskunden vor dem Einsatz elektronischer Rechnungen um deren Zustimmung bitten. Hierfür genügt laut Guido Badjura ein Hinweis als gesondertes Anschreiben oder eine Erwähnung in den AGB. Ebenfalls von Bedeutung ist, dass eRechnungen nur digital archiviert werden dürfen. „Digital muss digital bleiben“, so Badjura. „Das heißt, eine Rechnung, die per E-Mail ankommt, hat in ausgedruckter Form keine Gültigkeit für die Steuerprüfung.“
Als Vorteile des digitalen Rechnungsverkehrs nennt der Experte vor allem den Wettbewerbsfaktor. Wer auf Augenhöhe auf die Anforderungen wichtiger Geschäftspartner reagiere, schärfe nicht nur sein Profil, sondern spare gleichzeitig Zeit und Papier- und Druckkosten.
Digitale Buchführung
In vielen Betrieben weist der Belegablauf Schwachstellen auf. Seien es unvollständige Informationen, der Zeitverzug zwischen Buchen und Geschäftsbetrieb oder der hohe logistische Aufwand. Durch die digitalisierte Buchführung können diese Schwachstellen vermieden werden. Laut Badjura eignet sich vor allem folgender Prozess: Nach Eingang werden die Belege gescannt und digital an die Steuerkanzlei verschickt. Gleichzeitig können die Belege in Papierform für das eigene Archiv unternehmensintern abgelegt oder aber gleich vernichtet werden. So entsteht kein Zeitverzug zwischen Buchen und Geschäftsbetrieb und aktuelle Auswertungen in Echtzeit ermöglichen einen aktuellen Überblick. Zudem sind alle Belege revisionssicher für die Betriebsprüfung archiviert.
Wichtig zu beachten ist, dass nach dem Einscannen der Belege nur noch mit dem elektronischen Dokument gearbeitet werden darf. Sämtliche Bemerkungen und Ergänzungen müssen auf dem digitalen Beleg vorgenommen werden. Das ist gerade im Falle einer Betriebsprüfung besonders wichtig, da der Prüfer ein umfassendes Bild des Geschäftsbetriebs erhalten will – inklusive aller vorliegenden steuerrelevanten Daten und Informationen.
Bei der Vernichtung der Papierbelege müssen ebenfalls bestimmte Vorgaben erfüllt werden: Zum einen benötigt der Betrieb ein revisionssicheres Archiv, in dem die Belege unveränderbar gespeichert werden können. Zum anderen müssen Prozesse vom Eingang des Papierbelegs über den Scanvorgang bis hin zur Vernichtung dokumentiert werden. Nur wenn diese Verfahrensdokumentation gegeben ist, können Papierbelege gemäß der GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) vernichtet werden.
Digitale Archivierung
Der entscheidende Vorteil in Digitalisierung des Archivs liegt darin, das Papieraufkommen zu verringern. Für Betriebe bieten sich zwei Arten der Datensicherung an: Bei der „Offline“-Variante werden Daten lokal und in eigener Verantwortung gesichert, bei der „Online“-Variante werden Daten in dezentralen Cloud-Systemen von Fremdanbietern gespeichert.
Um eine revisionssichere elektronische Archivierung zu gewährleisten, müssen digitale Belege und Rechnungen bis zu zehn Jahre aufbewahrt werden. Dabei müssen die Inhalte unverändert gespeichert werden und durch eine Suche auffindbar sein. Außerdem müssen sie innerhalb der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen auch mit zukünftigen EDV-Systemen lesbar sein.
Hinsichtlich der Risiken rät Guido Badjura Betrieben, Cloud-Lösungen nur sehr überlegt einzusetzen: „Erkundigen Sie sich, wie und in welcher Form Ihre Daten gesichert werden und lassen Sie nachweisen, dass Ihr Anbieter die Datenschutzanforderungen beachtet.“ Denn für den gesetzeskonformen Umgang mit den Daten ist ausschließlich der Betrieb verantwortlich.
Auf die Frage, ob gescannte Belege vernichtet werden können, ohne dass die Revisionssicherheit der Archivierung verletzt wird, ist eine Verfahrensdokumentation laut Badjura unerlässlich. Alle Prozesse – vom Eingang eines Papierbelegs bis hin zum Scanvorgang und der Vernichtung – müssen damit dokumentiert werden. Außerdem brauchen Betriebe eine Archivierungssoftware, die eine unveränderbare Speicherung von Dokumenten ermöglicht.
Fazit
Betriebe, die ihre Prozesse digitalisieren wollen, sollten sich einen kompetenten Partner, wie etwa den Steuerberater, zu Hilfe holen. Wichtig ist auch ein realistischer Zeitplan, der die Einbindung der Mitarbeiter berücksichtigt. Vor der Einführung neuer Prozesse gilt es dann, den Umgang mit E-Mails und elektronischen Rechnungen zu prüfen, um Standards festzulegen. Last but noch least empfiehlt Guido Badjura, das Datensicherungskonzept dahingehend zu prüfen, ob im Falle eines Brand oder Wasserschadens alle Daten zurückgesichert werden können.
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